Nach etwa 1.000 km erreichten die Teilnehmer*innen des 5. Ökumenischen Pilgerweges für Klimagerechtigkeit auf ihrem Weg von Zielona Góra nach Glasgow am 30. September die Niederlande. Damit sind ca. 2/3 des Pilgerweges zur UN-Klimakonferenz COP 26 geschafft.
Bereits 2015 auf dem ersten Klimapilgerweg lernten die Pilgernden in Paris den peruanischen Bergbauern Saúl Luciano Lliuya aus Huaraz kennen. Er stand seinerzeit kurz vor dem Einreichen seiner Klage gegen den deutschen Konzern RWE. Bei einem erneuten Zusammentreffen auf dem 3. Klimapilgerweg 2018 von Bonn nach Katowice gingen die Pilgernden die Selbstverpflichtung ein, auf allen Etappen über den „Fall Huaraz“ zu informieren und für Spenden zur Finanzierung des aufwendigen Gerichtsverfahrens zu werben.
Die Heimat von Saùl Luciano wird von einer Flutkatastrophe bedroht. Die Ursache ist die durch den Klimawandel bedingte Gletscherschmelze. Oberhalb der Andenstadt Huaraz hat sich ein großer Gletschersee gebildet. Der natürliche Moränenwall ist jedoch instabil und droht mit steigendem Wasserspiegel zu brechen. RWE, einer der größten europäischen CO2 Emittenten, ist für rund ein halbes Prozent aller weltweit seit Beginn der Industrialisierung freigesetzten Treibhausgase verantwortlich. Saúl Luciano fordert deshalb, dass RWE einen entsprechenden Anteil der Kosten für die erforderlichen Schutzmaßnahmen am Gletschersee übernimmt. Es geht um knapp 20.000 € – eine Summe, welche RWE vermutlich aus der Portokasse zahlen würde, ginge es nicht um einen Präzedenzfall! Mit dem Eintritt in die Beweisaufnahme und der Feststellung, dass Klimaschäden eine Unternehmenshaftung begründen können, schrieb das Oberlandesgericht Hamm im Jahr 2017 bereits Rechtsgeschichte. Durch Anträge der RWE-Anwälte kam es zu Verzögerungen, sodass erst Ende 2018 Gutachter bestellt und ein Orts-termin in Huaraz angesetzt werden konnte. Dessen Umsetzung ist durch die COVID-19 Pandemie weiter verzögert worden. Der Beschluss für einen Ortstermin war mit der Aufforderung an den Kläger verbunden, einen sehr großen Betrag als weiteren Vorschuss für die Gutachten einzuzahlen. Die Zahlung erfolgte durch die Stiftung Zukunftsfähigkeit (Germanwatch), die sich zu Beginn des Verfahrens gegenüber Saúl Luciano dazu verpflichtet hat.
Mit Saúl Luciano hat „Globale Klimagerechtigkeit“ für die Klimapilgernden ein sehr konkretes Gesicht bekommen. Und außerdem – ist der „Fall Huaraz“ nicht eine aktuelle Version der Geschichte des Kampfs David gegen Goliath? Dann können wir mit dafür sorgen, dass Davids „Steinchen“ nicht ausgehen! 2018 haben die Klimapilgernden für jeden gelaufenen Kilometer einen Euro gesammelt und am Ende eine Spende von 1.800 € überwiesen.
Ein Großteil dieser Summe ist zusammengekommen, weil viele gastgebende Gemeinden auf einen Beitrag der Klimapilgernden zu den Verpflegungskosten verzichteten und die Pilgernden stattdessen für „Saúl“ spendeten. Auch in diesem Jahr haben die Aktivist*innen der Pilgerbasis Paris 2015 ihre Mitpilgernden aufgerufen, wieder so zu verfahren. Wir sind sehr glücklich, dass bereits nach Zweidrittel des ca. 1.500 km langen 5. Klimapilgerweges mit einer Spendensumme von rund 1.800 € das Ziel von einem Euro pro Kilometer (mit guter Reserve) erreicht ist. Wir danken allen Gemeinden für ihre großzügige Unterstützung, welche dieses Ergebnis erst ermöglichte.
Christian Seidel (Für die Pilgerbasis Paris 2015)